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Thema: Fernreisen

Reisebericht Ughelt Goderzi, Pirveli Maisi, Batumi

20.8.2010
Um 8:00 Uhr knallt die Sonne auf unseren Rohbau. Die Hühner gackern durch die staubigen Wege. Auf dem gegenüberliegenden Berg liegt das Riesenrad, dass von der Seilbahn an der Jekaterinenquelle im Tal angefahren wird, immer noch still. Von den immerhin drei Riesenrädern, die wir bis zum Ende der Reise in Georgien gesehene haben werden, hat sich keines gedreht. Wir wollen heute durch den kleinen Kaukasus ans schwarze Meer, nach Batumi im islamischen Teil Georgiens, der Republik Adscharien.  Zum Frühstücken fahren wir an das von Arthur empfohlene Restaurant an der Jekatarienenquelle. Es erwartet uns einiges, aber kein Restaurant.

Der Park mit all seinen in die Jahre gekommenen manuellen Fahrgeschäften strahlt auch hier den morbiden Charm postsowjetischer Aera aus. Am Eingang des Park liegt eine alte prächtige Holzvilla mit einer hohen Runddecke, die mit persischen Mosaikspiegeln versehen ist. Wie wir erfahren, gehörte sie einst den Romanows und ist jetzt eine Art Kursaal. Es leben hier aber auch abchasische Exil-Georgen, Satellitenschüsseln verzieren die pittoresken Balkonschnitzerein. Wir durchqueren den ganzen Park und das in die Jahre gekommene aber rührende „Fairy-Tale-Land“, einen kleinen Märchenpark für Kinder mit manuellen angetrieben Karussellen und Fliegenpilzen aus Beton, an denen die Farbe abblättert.

Eine Gelegenheit zum Frühstücken finden wir nicht. Hungrig drehen wir um und kaufen an einem Marktstand Rosinenbrot. Wir unternehmen noch einen Versuch in der Stadt, aber auch hier finden wir nichts. Es soll ein Cafe neben der Post geben. Ein Cafe finden wir nicht, aber wir brauchen noch Briefmarken. In der Halle der Post sitzen etwa 10 Männer, rauchen und spielen Karten. Die Postbeamtin guckt uns mürrisch an und macht uns klar, dass es erst ab 10:00 Briefmarken geben würde. Wir geben es auf und machen uns auf den Weg. Etwa 2km westlich hinter dem Ortsschild von Borjomi soll der Eingang zum „Kharagauli-Nationalpark“ liegen. Nach 10km Umwegen und suchen finden wir ein völlig verrostetes Hinweisschild am Eingang einer Nebenstrasse. Nach 3km Waldweg kommen wir nur noch mit Allradantrieb weiter und geben auch das kurz darauf auf. Wir haben die Nase voll, verlassen Borjomi ohne Kaffe, Briefmarken und Nationalpark und fahren weiter gen Westen ans Schwarze Meer. Hinter einem kleinen Dorf namens Atskuri (in dem wir in der örtlichen Bäckerei so etwas wie Snickers in Kugelform erworben haben) tanken wir. Die Tankstelle besteht aus einer rostigen Zapfsäule und einem löchrigen Wellblechschuppen. Der Tankwart ist völlig besoffen und schaut mit glasigen Augen an mir vorbei.

Ein paar Kilometer später halten wir erneut an einer Tankstelle um unseren Benzinkocher mit einem halben Liter Sprit zu füllen. Der Tankwart weiß nicht, warum er in eine Sigg-Trinkflasche Benzin füllen soll. Er macht es dann aber doch. Fragend. Zweifelnd. Ab Akaltsikhe wechselt die Strasse in der Kartenlegende von „rot“ (Hauptstrasse) auf gelb (Nebenstrasse) und wird zur Schotterpiste. Auf einem Straßenschild wird angezeigt, dass es noch 110km bis nach  Armenien und 20km bis in die Türkei sind. Eine wunderschöne Natur belohnt uns. Wir fahren lange am Fluss Kvabliani entlang. Es ist eine fast sechsstündige Schaukelei.

Nach etwa drei Stunden erreichen wir die kleine Siedlung Ughelt Goderzi, die auf 2025m Höhe liegt. Wir machen Pause, liegen im Gras, kochen Kaffe und essen Pfirsiche, Melone und Tomatenbrot mit Schafskäse und Zwiebeln. Dieser Pass war der höchste Punkt unserer Strecke und von nun an geht’s fast nur noch bergab. Wir durchfahren Bergdörfer, wo ausschließlich schwarzgekleidete Männer auf den Strassen zu sehen sind. Das wir uns hier nun in der Republik Adscharien befinden, wird uns endgültig klar, als wir in einem Cafe in Keda ein Bier bestellen möchten. Das gibt’s es nicht, dafür ohrenbetäubenden Russenpop und einen fantastischen Ausblick auf den Flusslauf des Adzharis kali.

Wir halten danach noch kurz vor Pirveli Maisi und bestaunen eine Kuh, die über eine historische Steinbogenbrücke aus dem 12 Jahrhundert trottet. Überhaupt werden wir auf der ganzen Strecke immer wieder durch einzelne Kühe oder ganze Herden auf der Strasse „ausgebremst“, die sich in keinster Weise von uns beeindrucken lassen. Nach 7h fahrt (für 220km) erreichen wir Batumi, die (ex-)Perle am schwarzen Meer. Eine einzige Baustelle. Nach langem suchen finden wir auch ein Hotel: Wir gönnen uns das Mitten in der Stadt gelegene und sehr neue Hotel „O.Galogre“. Allerdings werden sämtliche Strassen im Viertel grad aufgerissen (die deutsche Entwicklungshilfe hat eine neue Kanalisation gesponsert) und unser Hotel liegt wie eine Enklave in einer Wüstenei aus Matsch, metertiefen Löchern, offenen Gullis, etc.. Wir essen abends in einem Restaurant auf der Hafenpromenade. Keine Lust mehr zu suchen, weil völlig durchgeschaukelt. Das Essen ist ganz OK.

Autor: Hinrich Brumm