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Thema: Fernreisen

Thailand: Ein Königreich für ein Lächeln

Thailand
© Dmitry Pichugin - Fotolia.com
Kein anderes Land Asiens zieht so viele Touristen an, wie Thailand. 15 Millionen bereisen jedes Jahr das buddhistische Königreich. „“Thailand – Land des Lächelns“, so lautet einer der wohl raffiniertesten und zugkräftigsten Werbeslogans der Touristik-Branche.

„Das Lächeln, das du aussendest, kehrt zu dir zurück“ sagt ein indisches Sprichwort. Für die Thailänder kehrt es in Form von 8 Milliarden Euro zurück. Soviel geben ca. 15 Millionen Reisende jedes Jahr in Thailand aus und damit ist der Tourismus die größte Devisenquelle des Landes, noch vor dem Export von Reis, Kautschuk, Zinn, Erdgas und Fisch.

Lächeln als Exportschlager

Nicht zuletzt sorgt das bestens gepflegte Image vom Land des Lächelns für einen nicht abreißenden Touristenstrom. Lächeln als Exportschlager! Ein weltweit wohl einzigartiges Phänomen. Man sollte dem Erfinder dieses genialen Slogans die Worte noch nachträglich vergolden, denn was hat Thailand, was andere asiatische Länder nicht haben? Traumstrände, Urlandschaften, goldene Tempel, Tauchparadiese und bunte exotische Märkte findet man auch andernorts – in Malaysia, Vietnam und auf den Philippinen beispielsweise. Ist es tatsächlich der Mythos von Sanftmut und Freundlichkeit, der Thailand zum asiatischen Topreiseziel erhebt? Es lohnt sich dieser Frage nachzugehen. Machen wir dazu erst einmal einen Ausflug in die Welt der Schönen und Reichen.

Jetset

Auch als „normalsterblicher“ Tourist sollte man sich in Thailand hin und wieder das Besondere gönnen, z.B. einen Nachmittag auf gleicher Augenhöhe mit dem internationalen Jetset. Das ist sehr einfach und kostet nicht die Welt – einen Cocktail oder einen Kaffe höchstens. Beides allerdings sündhaft teuer – aber trotzdem, es lohnt sich. Auf der Ferieninsel Phuket findet man die meisten Hotels oder Resorts der absoluten Luxusklasse in ganz Thailand, das Dusit Laguna z.B. oder das Amanpuri-Resort, um nur zwei Beispiele herauszugreifen. Wenden wir uns nun dem zauberhaften Amanpuri als Stellvertreter für all diese „unerreichbaren“ Traumhotels zu. Halbwegs sittsam gekleidet erklärt man am Empfang, dass man auf der Terrasse gerne einen Drink zu sich nehmen möchte. Kein Problem. Der Weg führt vorbei an einem riesigen schwarz (!) gefliesten Luxuspool, in dem sich in diesem Moment gerade David Beckham mit Boris Becker über die aktuelle Finanzkrise austauscht, oder mit etwas Glück erhascht man einen Blick auf Caroline von Monaco, die neben Thomas Gottschalk planscht und George Clooney lässt vom Beckenrand die Füße ins Wasser baumeln und blinzelt in die Sonne. Soviel Prominenz lässt einen schwindelig werden. Umso erstaunter beäugt man dann einen jungen, grellbunten und etwas pummeligen Koreaner mit Hornbrille, der unentwegt die Poollandschaft fotografiert. Aber vielleicht ist das ja ein millionenschwerer Jungstar aus der IT-Branche.

Ein schöner Anblick

Auf der Terrasse angekommen, lässt man den Blick schweifen über die Märchenwelt dieses Hotels, lehnt sich entspannt zurück, während man darüber nachdenkt, dass hier eine Übernachtung dem Gegenwert eines one-way-Fluges Bangkok-Frankfurt entspricht. Und da ist es plötzlich – das Lächeln der Werbestrategen, das geheimnisvolle Lächeln Asiens: Eine junge Frau in einem traditionellen Thai-Kleid nimmt die Bestellung entgegen … und hört nicht auf, zauberhaft zu lächeln bis es ans Bezahlen geht. Unwillkürlich frägt man sich, wie viele Gesichtsmuskeln dabei im Spiel sind und ob das die junge Frau sehr anstrengt. Es ist ein einstudiertes, ein verordnetes Lächeln, wie es auch Souvenirverkäufer oder Fremdenführer aufsetzen. Hier auf der Terrasse des Amanpuri strahlt mich das Image vom Land des Lächelns in Perfektion an. Ein schöner Anblick gewiss.

Harmoniebewusstes Thailand

Zurück in der Welt der Normalsterblichen zerplatzt diese Seifenblase im Nu. Bereits an der Abzweigung zur Landstraße von der Surin-Beach Richtung Kamala-Beach nimmt mir ein grimmig blickender, zu allem entschlossener Pickup-Fahrer die Vorfahrt. Im nächsten Kreisverkehr ziehen Polizisten mit der Miene von Bruce Willis kurz vor dem showdown, harmlose Mopedfahrer aus dem Verkehr und in einem seven-eleven-Shop knallt mir eine Verkäuferin die Coladose nach dem Einscannen auf die Theke, als hätte ich ihre Aussteuer bei ebay versteigert. Hurra! Das wirkliche Leben hat mich wieder. Hinter der strahlenden Fassade des ewigen Lächelns brodelt es gewaltig, obwohl man dem Lächeln der Thais wichtige soziale Funktionen zuschreiben muss: es baut Brücken zwischen den Menschen, es beschwichtigt Konflikte und es hilft dem Einzelnen, sein Gesicht zu wahren. Gesichtsverlust ist die schlimmste Strafe, die einen Thai treffen kann, eine persönliche Katastrophe. Passiert einmal ein Missgeschick, aus dem sich in westlichen Ländern sehr schnell ein handfester Streit entwickeln würde, so wird dies im harmoniebewussten Thailand mit einem Lächeln und einem „Mai pen rai“ (macht nichts, halb so schlimm) elegant aus der Welt geschafft. In einer sehr hierarchischen Gesellschaft, wie der thailändischen, ist es außerordentlich wichtig, dass jeder sein Gesicht wahren kann. Das „Mai pen rai“ in Kombination mit einem gewinnenden Lächeln ist fast immer eine bewährte Zauberformel zur Bewältigung der meisten Konflikte.

Lächeln & gelassen bleiben

lächelnde Thai-Frau
© focusp - Fotolia.com
Das viel gepriesene Lächeln dient auch sehr oft dazu, eigene Unsicherheiten zu überspielen und Spannungen zu entschärfen, oder sich diskret zu bedanken. Auch der westliche Besucher tut gut daran, sich nie über Kleinigkeiten aufzuregen oder mit finsterer Miene seine Wünsche vorzutragen. Lächeln, gelassen bleiben, höflichen Abstand wahren - damit gewinnt man in Thailand sehr schnell Respekt und echte Freundschaften. Leider kann man bei Ausländern oft das gegenteilige Verhalten beobachten. Und damit erreicht der ungeduldige Tourist gar nichts, man lässt ihn einfach links liegen, bei der Zollabfertigung oder auf dem Postamt zum Beispiel. Reklamiert der Ausländer auf herrische Art im Restaurant oder im Hotel, so lässt man ihn warten bis er schwarz wird und man macht sich hinter seinem Rücken über die ungebildeten ungehobelten Farangs (Sammelbegriff für alle westlichen Touristen) lustig. Will man Privatpersonen oder Beamte um einen Gefallen bitten, besteht weit mehr Aussicht auf Erfolg, wird die Bitte von einem Lächeln begleitet. Bittsteller mit ernsten oder gar ärgerlichen Mienen haben dagegen nicht den Hauch einer Chance.

Lächeln ist ein sozialer Katalysator, ein nützliches Verhaltensmuster, hinter dem sich aber auch Aggressionen und Ängste verbergen können. Hier zeigt sich hinter der meist nützlichen Fassade der Sanftmut die Kehrseite der Medaille – ein latenter Hang zu Gewalt und Horror wohnt gleichermaßen in der thailändischen Seele. Ob im Überlandbus, ob im TV oder in den unzähligen Internetcafés – die Gewalt-und Horrorvideos sind allgegenwärtig. Auch die Auseinandersetzungen der beiden politischen Lager verlaufen unversöhnlich und explosiv auf den Straßen Bangkoks und der größeren Städte. Thailand nimmt mit einer der höchsten Mordraten eine traurige Spitzenstellung in der Welt ein. Prügelstrafen und übertriebene Härte gegenüber Kindern ist in sehr vielen Familien Alltag. Vielleicht resultiert daraus auch die verborgene Affinität zur Gewalt in der Gesellschaft.

Eine Reise lohnt sich!

Trotz alledem, eine Reise in dieses faszinierende (Folgen Sie dem Link zu den Top-Sehenswürdigkeiten), aber innerlich zerrissene Land lohnt sich allemal und man sollte sich nicht von Berichten in den westlichen Medien abschrecken lassen, denn der Fremde wird so gut wie nie in Konflikte hineingezogen. Von den wenigen unangenehmen, aber harmlosen Behinderungen an den Flughäfen in der Vergangenheit, einmal abgesehen.
Das Leben der Thais ist also durchaus nicht einfacher und sorgenfreier als unseres, ganz im Gegenteil. Armut, soziale, religiöse und ethnische Spannungen sowie Korruption sind an der Tagesordnung. Doch besteht das Geschick der Thailänder darin, Stress, Alltagsprobleme und Konfliktsituationen mit einem entwaffnenden Lächeln zu entschärfen und sich damit das Leben unbeschwerter zu gestalten.

Vielleicht hatte der unbekannte Dichter des Slogans „Thailand – Land des Lächelns“ zufällig ein Zitat von Heinz Rühmann gelesen: „Lächeln ist das Kleingeld des Glücks.“ Von „Kleingeld“ kann nun, liest man die aktuellen Tourismusstatistiken, wahrhaftig nicht mehr die Rede sein. Gönnen wir den Thais diese Erfolgsstory – mit einem Lächeln auf den Lippen, das man in unserer westlichen Welt leider allzu oft vermisst. Wieder zu Hause angelangt möchte man doch beinahe täglich, frei nach William Shakespeare ,ausrufen: „Ein Lächeln … ein Königreich für ein Lächeln!“

Autor: Walter H. Spohn (2009)