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Thema: Fernreisen

Reisebericht Gudauri, Gud-Chewi, Stepantsminda

23.8.2010
Wir wollen früh los, starten direkt und trinken Kaffe im Dorf. Entlang der georgischen Heerstrasse,  die sich immer weiter in den großen Kaukasus schraubt, halten wir am Ufer des Aragwi und machen Pause am reißenden Fluss. Da wir keine Luft mehr im Reifen haben, halten wir bei zwei rastenden Männern, die vor einem LKW sitzen. Ich mache deutlich, dass wir Luft brauchen. Es folgt eine pragmatische Lösung: Er dreht das Ventil aus unserem Reifen, verbindet es schnell mit einem Schlauch mit dem Bremskompressor seines erheblich zerfallenen LKWs und pumpt so den Reifen wieder auf. Er möchte kein Geld haben und freut sich, dass er uns helfen konnte. Wir fahren weiter in steilen Serpentinen immer höher in das Gebirge und in Richtung der Grenze nach Nordossetien. In Gudauri, einem (ehemaligen) Skigebiet überholen wir einen Radfahrer, der die Schotterpisten hochfährt. Hier steht fast jedes zweite Hotel und Haus leer. Nach dem Zusammenbruch der SU und dem Boykott der Russen in den Folgejahren ist hier offenbar sämtlicher Tourismus zusammengebrochen.

Am Kreuzpass in 2400m Höhe haben wir einen sagenhaften Ausblick in die „Gud-Chewi“, die „Teufelsschlucht“. Die schneebedeckten Kuppen der Berge reichen hier bis in eine Höhe von über 5000m hoch in den Himmel. Leider ist auch die Aussichtsplattform völlig Baureif. Überall bröckelt die Armierung und die in Keramikkacheln gebrannte Geschichte Georgiens fällt langsam auseinander. Wir setzen unsere Reise nach Kasbegi, das heute wieder Stepantsminda heißt und in 1700m Höhe am Fuße des Mt. Kazbek (5033m) liegt, fort. Ein kleines verschlafenes Nest, etwa 20 km vor der Ossetischen Grenze. Es gilt dennoch als Ausgangspunkt für verschiedene Bergtouren und so kommt es, dass auch einige Backpacker hier anzutreffen sind. Im einzigen Restaurant im Dorf treffen wir ein amerikanisches Pärchen, das schon eine ganze Weile in Georgien und der Türkei unterwegs ist. Der Kellner hat ein Hakenkreuz–Tatoo auf der Hand ist aber ansonsten sehr freundlich.

Wir essen Kebap und trinken Waldmeisterbrause. Über uns der schneebedeckte Gipfel des Kazbek. Das Größere der beiden Hotels ist ausgebucht, wir beziehen zwei Zimmer im Hotel „Lomi“. Äußerst freundlich und äußerst billig (15Lari). Mit Gemeinschaftsplumpsklo aber dem schönsten Kloblick, den ich je hatte, direkt auf den schneebedeckten Gipfel des Kazbek. Der Chef kann sogar Geld tauschen. Die Touri-Info ist leider nicht besonders hilfreich und antwortet auf alle Fragen bzgl. möglicherer Wanderrouten mit „yes, yes“. Wir entscheiden uns für die gemütliche Variante, den mit 2,5h beschrieben Aufstieg zur „Zminda-Sameba-Kirche“. Nach 3h steilsten Aufstiegs (die Zeitangaben, stellen wir fest, beziehen sich nicht auf die ganze Tour sondern nur auf eine Strecke) kommen wir dort an. Traumhafter Ausblick. An einer Wasserstelle versorgen wir uns mit frischem Quellwasser. Wir treffen den Radfahrer, der uns in Gudauri begegnet ist. Er kommt aus Wien und ist schon seit drei Wochen in Georgien unterwegs. Er erzählt uns von seinen Begegnungen, die er im Land gemacht hat und ist überwältigt von der Gastfreundschaft der Georgier.

Nach dem Abstieg fahren wir noch an die etwa 20km entfernte Grenze nach Nordossetien. Berge, Schluchten, atemberaubende Landschaften. Keine Mensch unterwegs. Völlig kaputte Pisten. Die Grenze ist streng bewacht aber ansonsten eher unspektakulär. Sie ist für Ausländer gesperrt. Ein Pärchen möchte nach Russland trampen, wir aber drehen wieder um und essen zu Abend bei unserem freundlichen Nazi. Es gibt Hammel im Tontopf, Salat und Pommes. Alle sind erkältet. Wir beobachten das abendliche Treiben auf dem zentralen Dorfplatz: Jugendliche trinken friedlich Bier, der Polizeiwagen wechselt alle halbe Stunde sehr wichtig mit Blaulicht seine Position.

Autor: Hinrich Brumm